Freitag, 22. Juli 2011

Das aktiv/passiv Paradigma

Den Gitarristen ist das Problem ja gar nicht so präsent: Ein bis drei Tonabnehmer, ein paar Schalter, Lautstärkeregler und passive Tonblende, mehr braucht eine E-Gitarren nicht. Aktive Tonabnehmer oder gar Elektroniken und Klangregelungen führen bei der Gitarre eher ein Nischen-Dasein.
Wie anders ist es beim Bass.
Unser guter Leo Fender folgte zwar - als er den Precission Bass entwarf - dem gleichen Design. Auch die folgenden Produkte von Fender waren reine passive Instrumente. Mein erster Bass war eine billige Precission-Kopie, der Sound hat also nicht nur die Musikgeschichte geprägt, sondern auch mich.
Aber Fender war ein Pionier, ein echter Forscher- und Erfindergeist. Und als er  zusammen mit Sterling Ball und Tom Walker den  MusicMan StingRay entwickelte, baute er den ersten Bass mit aktiver Klangregelung - ein Prinzip, dass sich gerade bei teuren Instrumenten weitestgehend durchgesetzt hat. Besonders weit verbreitet ist inzwischen die Konfiguration, die zwei Pickups ähnlich positioniert wie der Fender Jazzbass und zusätzlich eine Dreiband-Klangregelung, teilweise sogar parametrisch.
Ich hatte einen relativ kurzen Flirt mit einem aktiven Bass; es war eines der wenigen Stücke Equipment, bei dem ich nur begrenzt traurig war, als ich es verkauft habe. Letztendlich bin ich mit den passiven Bässen, die ich jetzt spiele sehr glücklich; auch mein Akkustik-Bass bräuchte eigentlich nur eine passive Tonblende, damit ich die spitzen Piezo-Höhen etwas bedämpfen könnte.
Warum spielen die Leute gerne aktive Bässe?
Der aktive Bass ist flexibler!
Mein Gott, Leute, hat Euer Verstärker keine Klangregelung? Und ist diese nicht ergonomischer einstellbar als die Regler an Eurem Bass, die Ihr aus Eurer Perspektive nicht mal sehen könnt? Ganz zu schweigen von den Soundmöglichkeiten, die Ihr habt durch:
  • Kombination der Tonabnehmer
  • Verschaltung der Tonabnehmer (Humbucker, Single Coil, seriell, parallel)
  • Position und Art des Anschlags der Spielhand
Der aktive Bass hat eine höhere Ausgangsleistung als der passive, Übertragungsverluste sind leichter zu kompensieren.
In welchem Jahrhunder lebt Ihr denn? Kauft ein vernünftiges Kabel, dann spielt das doch eine eher untergeordnete Rolle. Oder nehmt gleich die Luftbrücke (also Funk), damit wird die Klangveränderung - so es sie gibt und ihr sie überhaupt hört - absolut berechenbar und von der Entfernung zum Amp (also Kabellänge) unabhängig.

Für mich spielen andere Punkte eine wesentlich größere Rolle:
  • Ich muss mich nie um leere Batterien kümmern, die Klinkenbuchse an meinem Bass hat auch nur eine Funktion (und keine Schaltfunktion).
  • Ich kann mich aufs Spielen und Grooven konzentrieren und muss nicht darüber nachdenken, ob mein Bassregler vielleicht noch zwei Millimeter weiter aufgedreht sein sollte (was den FOH-Mann eh in tiefe Probleme stürzen würde).
  • Ich habe genügend Flexibilität und noch keine Beschwerde über meinen Sound gehört (zumindest nicht, wenn ich einigermaßen frische Saiten aufgezogen hatte).
Meine Weisheit zum Schluss: Ein Bassist muss ordentlich grooven und einen guten Sound haben, dann ist der Band schon deutlich weitergeholfen. Und der StingRay wäre vermutlich auch ohne die aktive Regelung ein Klassiker geworden, das Tonabnehmerkonzept ist nämlich auch so simpel wie genial.